Longlegs - Die Horror-Überraschung des Jahres mit Nicolas Cage? (Review) (2024)

Longlegs

In den USA zählt der Horrorstreifen Longlegs bereits zu den Überraschungen des Jahres. Kritiker und Kritikerinnen sind sich weitestgehend einig und verhelfen dem Film noch vor dem deutschen Kinostart zu einem gewissen Hype Level. Wir sind uns jedoch nicht ganz sicher, ob das so gerechtfertigt ist.

Einige auf dieser Seite eingebaute Links sind Affiliate-Links. Beim Kauf über diese Links erhält IGN Deutschland je nach Anbieter eine Provision. Auf den Verkaufspreis hat dies keine Auswirkung.

VonAnne Wernicke

Gesendet 8. August 2024 23:42

Das Horrorgenre ist der Spielplatz der Filmlandschaft. Egal ob Mystery, Slasher oder Monster aus dem All: Fans dürften wohl noch nichts gesehen haben, das es nicht gibt. Das macht es natürlich schwerer, uns als Zuschauende noch wirklich zu überraschen oder uns etwas zu präsentieren, das frisch und originell wirkt. Manchmal reicht es aber auch, eine simple Idee möglichst kreativ umzusetzen. Den internationalen Lobeshymnen zufolge scheint Regisseur Osgood "Oz" Perkins (Gretel & Hänsel) mit Longlegs etwas in der Art gelungen zu sein.

Der 50-jährige US-Amerikaner macht sich zuerst als Schauspieler einen Namen und ergattert kleinere Rollen in Natürlich Blond, Star Trek (2009) oder Nope. Regie-Arbeiten sind in seiner Vita bisher rar gesät. Sein Interesse an Filmen, speziell Horrorfilmen, dürfte wohl auf seinen berühmten Vater zurückzuführen sein. Anthony Perkins spielte in Hitchco*cks Meisterwerk Psycho den Serienmörder Norman Bates und auch Oz erste Rolle war 1983 die des jungen Norman Bates in Psycho II. Keine schlechten Voraussetzungen, um einen absoluten Schocker zu drehen. Gespickt mit einer hochkarätigen Besetzung.

Longlegs - Die Horror-Überraschung des Jahres mit Nicolas Cage? (Review) (2)

In Longlegs spielt It-Follows-Star Maika Monroe die FBI Agentin Lee Harker, eine ruhige und sehr introvertierte Frau, die eine Gabe hat, komplexe Rätsel zu lösen. Zu ihrer sehr religiösen Mutter Ruth (Alicia Witt) hat sie ein schwieriges Verhältnis und auch sonst ist sie nicht sonderlich kontaktfreudig. Zusammen mit ihrem Vorgesetzten William Carter (Blair Underwood) jagt sie den Serienmörder Longlegs (Nicolas Cage), der nicht nur verschlüsselte Hinweise hinterlässt, sondern auch Väter dazu bringt, ihre Familien auszulöschen. Und das seit den 60er Jahren.

Immer mit der Ruhe

Wer jetzt einen packenden Wettlauf gegen die Zeit mit wuselnden Polizeibeamten, dramatischen Verfolgungsjagden und verstümmelten Opfern a la Sieben erwartet, muss auf die Bremse treten. Longlegs hat einen sehr entschleunigenden Stil, der unser Augenmerk voll auf die Handlung und die Charaktere legt. Im gesamten Film gibt es vielleicht drei oder vier Schwenks. Die Kamera ist statisch und lässt uns genau das sehen, was wir sehen sollen. Das baut eine gewissen Grundanspannung auf. Je länger das Bild steht, desto ungemütlicher wird es, auf die Auflösung zu warten. Vielleicht passiert ja etwas Schlimmes nach dem nächsten Schnitt. Oder dem nächsten?

Doch diese atmosphärische Stimmung kann schnell kippen. Die dezenten Zooms, ob rein oder raus und am besten noch direkt aufeinander folgend, wirken bei dieser Art der Inszenierung wie ein Bildschirmschoner. Es kann regelrecht anstrengend sein, dem Film zu folgen, wenn ihr zu viel Zeit im Internet verbracht und die Aufmerksamkeitsspanne eines Eichhörnchens habt. In dem Fall wird euch die Hand voll dynamischer Aufnahmen in den wenigen hektischen Momenten auch nicht retten. Nicht, dass uns diese Herangehensweise missfällt. Sie ist nur nicht für alle geeignet und wird dazu führen, dass eventuell einige von euch schnell das Interesse verlieren.

Des Weiteren springt der Film in einigen Situationen zwischen den Formaten. Bestimmte Abschnitte werden in 4:3 gezeigt, was nicht sonderlich originell ist und ehrlich gesagt ein bisschen verbraucht. Erfrischend ist allerdings der Zeitraum, in dem die Ermittlungen stattfinden. Wir befinden uns in den 90er Jahren und das bedeutet Akten aus Papier, keine Smartphones, kein Social Media, kastenförmige Monitore und Diskettenlaufwerke. Ein Szenario, das nicht nur wunderbar zum Stil des Films passt, sondern den bizarren Geschehnissen jegliche Ablenkung nimmt.

Taucherbrille beim Zwiebeln schneiden

Wir wollen euch natürlich nicht zu viel verraten, aber in einem Film, der so langsam und bewusst dahin kriecht, muss doch einiges passieren, das unsere volle Aufmerksamkeit rechtfertigt, oder? Die Antwort ist "Jein". Es gibt ein paar Momente, die uns wirklich bei der Stange halten. Zum Beispiel, als Harker und Carter eine Überlebende (Kiernan Shipka) aufspüren können und sie sich nicht so verhält, wie sie es eigentlich erwarten. Ein Fund auf einer Farm, der nicht ins Bild zu passen scheint, oder ein Verhör mit einem Tatverdächtigen, das einen seltsamen Verlauf nimmt. Perkins fügt ständig neue Elemente hinzu, die alle irgendwann erklärt und verstanden werden wollen.

Unser Interesse bleibt bestehen, führt aber am Ende nicht zum gewünschten Aha-Moment, der wie eine Belohnung wirkt, sondern eher zu einem akzeptierenden Schulterzucken. Der Film schält die Zwiebel Schicht für Schicht, doch keiner weint. Der große Twist kommt zwar und bringt eine Überraschung mit sich, entzaubert aber auch Vieles, das nun etwas sinnlos oder zu gewollt erscheint.

Der größte Pluspunkt und das stärkste Argument, sich Longlegs anzuschauen, ist das Schauspiel. Maika Monroe porträtiert Agent Harker so nuanciert und überzeugend, dass wir sie sofort ins Herz schließen. Die Ereignisse jagen ihr offensichtlich Angst ein, was sie trotz Marke und Ausbildung zu einer von uns macht. Ein wenig wie Jodie Foster als Agent Starling in Das Schweigen der Lämmer.

Und auch das Gesicht und Aushängeschild des Films, Longlegs himself, gespielt von Nicolas Cage, versprüht die richtigen Vibes an den richtigen Stellen. Optisch ist er zwar nicht wiederzuerkennen, aber die Rolle schreit praktisch nach Cage, der dem Killer seinen ganz besonderen Touch verleiht. Die Dynamiken zwischen den verschiedenen Charakteren funktionieren so gut, dass wir allein deswegen wissen wollten, wie es ausgeht.

Fazit

Longlegs ist eher ein Thriller als ein gruseliger Horrorfilm mit einigen verstörenden Szenen und ein paar guten Ideen, die uns aber keine Angst einflößen. Das leichte Unbehagen, dass Stil und Erzählweise auslösen ist ganz nett, scheitert aber an vergleichbaren Werken wie eben Sieben oder Das Schweigen der Lämmer und deren Brillanz. Es gibt ein paar wirklich tolle Momenten und großartige Schauspielleistungen zu bewundern, aber den Hype um Longlegs als krassesten Horrorfilm des Jahres können wir nicht wirklich nachvollziehen.

Einige auf dieser Seite eingebaute Links sind Affiliate-Links. Beim Kauf über diese Links erhält IGN Deutschland je nach Anbieter eine Provision. Auf den Verkaufspreis hat dies keine Auswirkung.

Longlegs - Die Horror-Überraschung des Jahres mit Nicolas Cage? (Review)

7

Gut

Freunde der 90er Thriller werden Spaß haben solange sie über die Macken von Longlegs hinwegsehen können.

VonAnne Wernicke

Longlegs - Die Horror-Überraschung des Jahres mit Nicolas Cage? (Review) (4)

Mehr zum Thema:

02:21

1Monat, 1Woche Comments LONGLEGS - Official Trailer

00:55

4Wochen, 1Tag Comments LONGLEGS - Official 'Ruth Harker' Clip

14:18

7Jahre, 8Monate Comments Behind the Scenes: So entstand das Harry Potter-Prequel Phantastische Tierwesen
Longlegs - Die  Horror-Überraschung des Jahres mit Nicolas Cage? (Review) (2024)

References

Top Articles
Latest Posts
Article information

Author: Amb. Frankie Simonis

Last Updated:

Views: 5962

Rating: 4.6 / 5 (56 voted)

Reviews: 87% of readers found this page helpful

Author information

Name: Amb. Frankie Simonis

Birthday: 1998-02-19

Address: 64841 Delmar Isle, North Wiley, OR 74073

Phone: +17844167847676

Job: Forward IT Agent

Hobby: LARPing, Kitesurfing, Sewing, Digital arts, Sand art, Gardening, Dance

Introduction: My name is Amb. Frankie Simonis, I am a hilarious, enchanting, energetic, cooperative, innocent, cute, joyous person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.